Ein Best Practice Fallbeispiel über ein Krisen Unternehmen und den befreienden Weg des Aufgebens. – Aufzugeben ist für die meisten Selbstständigen das absolute Horrorszenario. Mit Zähnen und Klauen wird sich gewehrt, am alten Weg festgehalten und ausgeharrt. All das, in der Hoffnung, dass sich die Situation lösen wird. Dabei kann das Loslassen der ersehnte Befreiungsschlag sein.
Inhalt: Probleme in Unternehmen erkennen und ergebnisoffen analysieren
Eine Kundin rief mich an und sagte mir in einem knappen Telefonat, dass ich ihr empfohlen worden sei und dass sie Hilfe für ihren Laden brauche. Was das denn koste. Das hysterische Auflachen, als ich mein Honorar nannte, verriet schon, dass es eine Minute vor Zwölf stand. „Naja, hilft ja nix, ich komme so nicht weiter“, war der abschließende Kommentar, mit der Bitte möglichst am nächsten Tag loszulegen. Oha…
Nach einem sehr kurzfristigen ersten Besuch im Laden, haben wir die Arbeit in Form eines gemeinsamen Workshops dann auch zügig aufgenommen. Wir haben etwas getan, was die Kundin in vielen Jahren der Selbstständigkeit so noch nie getan hatte:
- alle privaten und geschäftlichen Kosten aufgestellt – und zwar so wie sie sein sollten. Mit Steuerrücklagen, mit Ausgaben für Urlaub, für schöne Dinge, für Altersvorsorge, fürs Sparen. Nicht abgehoben, aber eben das Leben wie es sein sollte.
Die Summe die dort unter dem Strich rauskam, sorgte für große Augen. Denn auf einen Blick war plötzlich klar, warum sie all die Jahre mehr schlecht als recht von ihrem Business leben konnte (und ganz ehrlich betrachtet, nur durch die Unterstützung ihres Mannes da er sämtliche privaten Kosten schulterte) – der Absatz ihrer Produkte in Stückzahlen hätte gut ein Vierfaches betragen müssen! Und so war es kein Wunder, dass jedwede Form von Steuerzahlung, Gebühr, nötiger Ausgabe für das Geschäft, immer wieder eine böse Überraschung und Anlass zur Sorge war. Sie kam einfach auf keinen grünen Zweig – obwohl sie zweifelsohne eine sehr gute Arbeit machte!
Krisen Unternehmen – die befreiende Klarheit, dass die Power nicht mehr da ist
Vervierfachen! Das ist mal eine Ansage. Man kann grob überschlagen, was da an gesteigertem Werbedruck und Aktivität nötig ist. Und was für eine Motivation und Power man an den Tag legen muss, um dies zu erreichen. Dazu die Bereitschaft und den Mut völlig neue Wege zu gehen – denn die alten Pfade haben einen ja offensichtlich nicht zum Erfolg geführt. Mit einem Seufzen sagte meine Kundin am Ende unseres Workshops: „Ok, dann gehen wir es mal an.“ Und das war der Knackpunkt:
Wenn bei der Aussicht, sich über die Maßen noch einmal neu ins eigene Business zu hängen um die neu definierten Ziele zu erreichen, kein Glitzern in den Augen zu sehen ist – sondern eher ein dumpfes Gefühl der Müdigkeit – ist das eine ziemlich miese Zukunftsprognose.
Es wäre geflunktert zu behaupten, dass ich in dem Moment schon wusste was kommen würde. Aber als sie unseren nächsten Termin verschob „weil sie noch nicht so weit war“, hatte ich so eine Ahnung. Als sie dann wenige Wochen später zu unserem Termin kam und schon die Tränen in den Augen standen, als sie sich setzte, war mir definitv klar wie die Würfel gefallen waren.
Mit vielen Tränen erzählte sie mir, dass ihr das Herangehen von einer ganz realistischen finanziellen Sichtweise aus, die Augen geöffnet hätten und sie die Dinge erstmalig absolut klar gesehen hat: sie hatte die Gesamtsituation viel zu lange völlig falsch eingeschätzt und falsch kalkuliert. Die Aussicht sich noch einmal aufzuraffen und volle Power in den Laden und die Kundengewinnung zu stecken, motivierte sie keineswegs – im Gegenteil. Sie hatte gemerkt wie unendlich müde sie von ihrer unternehmerischen Reise war. Und dass sie kein Feuer mehr in sich spürte, den Laden voranzubringen. Sie brannte nicht mehr für ihr Geschäft – für ihr Wissen allerdings schon.
Sie wollte auch die ganze Verantwortung nicht mehr schultern und einfach nur ihr Fachwissen an den Kunden bringen – ohne das ganze Drumherum. Mal entspannt in den Urlaub fahren können, sich auf eine regelmäßige und zuverlässige Einnahme freuen, ja auch mal krank sein zu dürfen. Ihre persönliche Business Story war am Ende der Geschichte angelangt. Das war ihr klar geworden. Es tat weh, aber es war auch eine Befreiung!
Krisen Unternehmen – Probleme in Unternehmen angehen mit einem Happy End der anderen Art
Womit sie sich noch quälte, war die Verantwortung gegenüber ihrer Mitarbeiterin und die Frage wie sie den Laden nun los werden würde. Wir haben in unserem zweiten – und letzten – Termin hierfür einige Dinge vorbereitet: die Vorbereitung des Gesprächs mit der Mitarbeiterin und verschiedene Möglichkeiten, den Laden zum Verkauf anzubieten (mit einer Kalkulation des Verkaufspreises).
Ohne Witz und Übertreibung: Etwa drei Monate später erhielt ich eine E-Mail, dass bereits ein Käufer gefunden war, der auch die Mitarbeiterin übernahm und sie bereits einen tollen Job in einer Führungsposition gefunden hatte! Sie ging ohne Schulden aber mit sehr viel Erfahrung aus ihrer Business Story Selbstständigkeit heraus.
Ist diese Business Story jetzt ein Misserfolg, ein Scheitern? Keinesfalls! Bei den vielen Tränen waren auch sehr viele Tränen der Erleichterung. Es ist die freie Entscheidung ein Business aufzubauen – und genauso ist es die freie Entscheidung, das Business aufzugeben wenn man merkt, dass es einen nicht glücklich macht. Man ist niemandem Rechenschaft schuldig. Eine Business Story die mir immer in Erinnerung ruft: Wer A sagt, muss nicht B sagen. (Berthold Brecht)
Probleme in Unternehmen können die Unternehmerperson überfordern, seelisch sowie finanziel stark belasten und dafür sorgen, dass das Krisen Unternehmen – und die Unternehmerpersönlichkeit – am besten dadurch gerettet werden können, das Business aufzugeben.
Auch wenn Ihre Business Story vielleicht am Ende ist – es ist nicht IHR Ende! Denken Sie immer daran.
Alles Gute und allzeit gute Geschäfte.
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